Beruf(ung) – Dr. Günter Paul

Für mein Porträtprojekt „Beruf(ung)“ porträtiere ich Menschen, von denen ich den Eindruck gewonnen habe, daß sie Ihre Berufung gefunden haben. Mein Ziel ist es, später ein Mosaik zusammengestellt aus unterschiedlichen Menschen zeigen zu können. Ein Mosaik, das nur dadurch zusammengehalten wird, daß alle Porträtierten für sich ihre Berufung im Leben gefunden haben. Als ich vor Jahren den Frankfurter Maßschneider Bernd Vögler kennenlernte, traf ich zum ersten Mal jemanden, bei dem mir die „Berufung“ klar entgegengetreten ist. Dies war der Auslöser für das Porträtprojekt „Beruf(ung)“.

Dr. Günter Paul ist Präsident des Staatsgerichtshofes des Landes Hessen und Rechtsanwalt – und dies aus Berufung. Für ihn steht nicht die pure Anwendung der Rechtsvorschriften im Vordergrund, sondern der Ausgleich zwischen Menschen. Er habe schon einigen „Streithähnen“ geraten, nicht vor Gericht zu gehen, sondern bei einem Kaffee miteinander zu reden. Daß es ihm um Menschen geht, diesen Eindruck kann man in einem Gespräch mit ihm leicht gewinnen. Er ist ein aufmerksamer Zuhörer, der die Gabe besitzt, jedem das Gefühl zu geben ernst genommen zu werden. Dabei wartet er, im Gegensatz zu vielen anderen, nicht auf den geeigneten Augenblick, in dem er möglichst schnell seine eigene Geschichte anbringen kann, sondern er geht auf das ein, was sein Gegenüber sagt.

Aus der entstandenen Porträtserie hat Dr. Paul sich spontan entschlossen sein Bild auszuwählen, das ihn in der „Ahnengalerie“ im Staatsgerichtshof verewigen soll. Dies werde ich ihm auf Barytpapier, der klassischen Version des Fotopapiers, per Hand abziehen. Verglichen mit den heute gängigen, auf Kunststoff basierenden PE-Papieren, ist ein Abzug auf Baryt eine Klasse für sich.

Volker Muth – Ein Bild von einem Unternehmen www.volkermuth.net

Porträtaufnahmen am Flughafen

Einen Menschen zu fotografieren ist einfach – Kamera einschalten, Ausschnitt wählen, Auslöser drücken. Autofokus und Belichtungsautomatik erledigen dann den Rest. Mit etwas Glück ist der Kopf nicht abgeschnitten.

Einen Menschen in einer Fotografie zu charakterisieren, so, daß sein Wesen  sichtbar wird, ist etwas ganz anderes.

Herr Holger Eckstein – Gründer von „My Mission“ und Autor von „Lebe Deine Mission“ (http://holgereckstein.de) sprach mich genau mit diesem Wunsch an. Nun, wie fotografiert man einen Menschen, der anderen hilft, ihre Berufung zu finden? Einen Handwerker kann man mit seinen Werkzeugen und seinen Produkten fotografiere, einen Schriftsteller zur Not mit seinen Büchern, aber einen Coach?

Ein Porträtfoto ist für mich immer ein Dialog zwischen Porträtiertem und Fotograf. Ohne ein echtes Interesse des Fotografen und Vertrauen des Fotografierten kann sich nichts entwickeln. Das Ergebnis sind dann inszenierte Bilder, die mit dem Wesen des Fotografierten kaum etwas gemein haben. Herr Eckstein beschrieb mir sein Konzept und schilderte mir nachdrücklich seine Erfahrungen. Ein echter Coach ist ein Mensch, der ein Ruhepol in einer hochtechnisierten, arbeitsteiligen Welt ist, aus seiner Persönlichkeit schöpft und dadurch Menschen inspirieren kann, ihre Anlagen zu erschließen. Ein Bahnhof mit seinen Menschenmassen, die sich durch die Gänge und über die Bahnsteige schieben, getrieben von Terminen – dies ist für mich eines der Sinnbilder der modernen Welt. Aus diesem Eindruck heraus hat sich dann meine Bildidee entwickelt, Herrn Eckstein in einem großen Bahnhof zu porträtieren. Die gewollte Bewegungsunschärfe betont die Geschäftigkeit der Umgebung, aber auch das „In-sich-selbst-ruhende“ des Coach Holger Eckstein.

Holger Eckstein – Gründer von „My Mission“, Autor von „Lebe Deine Mission“

Auf einem belebten Bahnhof Porträtfotos zu fotografieren ist eine interessante Erfahrung – Passanten sind neugierig und erstaunlich geduldig, denn sie vermuten, daß eine „Celebrity“ gerade fotografiert wird. Man lernt nette Menschen kennen, wenn man sein Gepäck nur kurz stehen läßt und es scheint, als habe es möglicherweise keinen Besitzer mehr.

Es ist das Privileg eines Fotografen, immer wieder die unterschiedlichsten Menschen kennen zu lernen und damit eine andere Sicht auf die Welt zu erfahren. Wenn der zu Porträtierende sich dann auf einen Dialog mit dem Fotografen einläßt, entstehen bemerkenswerte Fotografien.

Volker Muth – Ein Bild von einem Unternehmen www.volkermuth.net