Beruf(ung) – Peter Zingler

Zingler

Er weiß, wovon er spricht…

„Schulabbruch, danach Ein- und Ausbrecher“ – so faßt Peter Zingler kurz und knapp die ersten 40 Jahre seines Lebens zusammen. Er hat in Marokko, Spanien, Sizilien, Jamaika und wie er selber schreibt „in internationalen Gefängnissen“ gelebt. Seit seiner letzten Haftentlassung 1985 arbeitet er als Journalist, Buch- und  Filmautor sowie Regisseur. Inzwischen gehört er zu den erfolgreichsten Drehbuchautoren für Fernsehkrimis in Deutschland. Drehbücher hat er u.a. für „Tatort“, „Schimanski“ und „Ein Fall für Zwei“ geschrieben.  Es ist sein „zweites Leben“, wie er selber sagt.

Trifft man ihn, so fallen seine wachen Augen auf. Es ist einfach, mit ihm ins Gespräch zu kommen, weil er nie um eine Geschichte und einen Witz verlegen ist. Seine charakteristische Stimme bleibt einem auch nach dem Treffen im Ohr. Hüte sind ein ständiger Begleiter – es soll Menschen geben, die sich schon gefragt haben, ob er sie mit ins Bett nimmt.

„Das Leben ist ein langer, ruhiger Fluß“, das ist der Titel eines französischen Films.  In 90 Minuten wird darin gezeigt, daß das Leben genau das Gegenteil ist. Dem wird Peter Zingler sicher zustimmen.

Er lebt aus Überzeugung im Frankfurter Ostend und liebt es, am Main spazierenzugehen, dabei zu meditieren – auch wenn er sich dann plötzlich in Offenbach wiederfindet.

Die Fotoserie

Für mein Porträtprojekt „Beruf(ung)“ porträtiere ich Menschen, von denen ich den Eindruck gewonnen habe, daß sie Ihre Berufung gefunden haben. Mein Ziel ist es, später ein Mosaik zusammengestellt aus unterschiedlichen Menschen zeigen zu können. Ein Mosaik, das nur dadurch zusammengehalten wird, daß alle Porträtierten für sich ihre Berufung im Leben gefunden haben. Als ich vor Jahren den Frankfurter Maßschneider Bernd Vögler kennenlernte, traf ich zum ersten Mal jemanden, bei dem mir die „Berufung“ klar entgegengetreten ist. Dies war der Auslöser für das Porträtprojekt „Beruf(ung)“.

Volker Muth – Ein Bild von einem Unternehmen www.volkermuth.net

Links:

Peter Zingler:          http://www.peter-zingler.com

Webtagebuch:         https://volkermuth.wordpress.com

„Kunststück Offenbach“ – Ein Frankfurter bei den Kickers in Offenbach

„Auf keinen Fall auf den Rasen“! Der Platzwart im Stadion der Kickers Offenbach läßt keinen Zweifel daran, daß er in diesem Punkt keinen Spaß versteht. Diskutieren ist keine Option. Wahrscheinlich würde er den Rasen, wie in Asterix bei den Briten, mit der Lanze in der Hand gegen anstürmende Frankfurter bis zum Letzten verteidigen. Der Rasen wirkt wie manikürt. Es ist ein sonniger Tag und ich bin mit meinem Assistenten im Fußballstadion am Bieberer Berg, um dort die in Offenbach lebende und arbeitende Malerin Katja M. Schneider für das Fotoprojekt „Kunststück Offenbach“ zu fotografieren. Ziel dieses Fotoprojekts ist es, unterschiedliche Menschen, die in Offenbach künstlerisch tätig sind, zu porträtieren. In den vergangenen Monaten habe ich dazu bereits eine Reihe von Offenbacher Künstlern, wie z.B. den schon über 90 Jahre alten Maler und Grafiker Karl-Heinz Steib, porträtiert. Aber ich will keine „Künstler vor Staffelei“- Bilder schaffen, sondern auch deren Arbeit im Bild auf die eine oder andere Art mitschwingen zu lassen.

Warum nun ausgerechnet die Aufnahmen im Fußballstadion Bieberer Berg? Eines von Katja M. Schneiders künstlerischen Themen der letzten Jahre ist das, was sie selbst die – „Unabgeschlossenheit des Heldischen“ in der Gegenwart – nennt. Für sie sind die „Helden“ aus Fußball und anderen Sportarten zentrale Bildgestalten, die als Auslöser für ihre Bildideen Modell stehen. Nur, was sind überhaupt „Helden“? Der Held, so sagt der Philosoph Aristoteles, ist jemand, der uns ähnlich ist, mit dem wir uns identifizieren können, aber auch jemand, der uns an Größe, Kraft, Tüchtigkeit oder Streben weit überragt. Der Idealtyp des Helden liege zwischen dem Makellosen und dem Schuft. Die Schuftigkeit und Schroffheit wird ihm aber solange verziehen, wie er erfolgreich ist. Macht er aber einen Fehler – wankt seine „Herrschaft“. Jedem von uns fallen vermutlich augenblicklich Namen von gefallenen Helden ein, wie ehemalige Tennisstars, die sich nach ihrem Karriereende nicht gefangen haben und für die man sich heute nur noch „fremdschämen“ kann.

Das Ergebnis sind Gemälde, die bei Fußballfans nicht unbedingt auf Begeisterung stoßen, weil sie Aspekte hinter dem reinen Sportereignis thematisieren, die der normale Fan nicht sehen will. Sie zeigen eine Ebene hinter dem Sportereignis, die tiefer geht als der Gewinn einer Meisterschaft und etwas sehr Allgemeingültiges erkennen läßt.

Die fertige Portraitserie „Kunststück Offenbach“ wird vom 21. September bis zum 19. Oktober 2014 im Haus der Stadtgeschichte Offenbach ausgestellt werden.

Das Haus der Stadtgeschichte vereint das Stadtmuseum und das Stadtarchiv Offenbachs. Mit seinem anspruchsvollen Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramm hat sich das Haus als kultureller Pfeiler im östlichen Rhein-Main-Gebiet etabliert.

Volker Muth – Ein Bild von einem Unternehmen http://www.volkermuth.net

Links:

http://www.volkermuth.net

http://www.kmschneider.de

http://www.haus-der-stadtgeschichte.de

Kleider. Leute. Machen.

Fotografien von Arbeits- und Unternehmenskultur

Im letzten halben Jahr habe ich an einer Porträtreihe von Menschen in ihrer Arbeitskleidung gearbeitet. Ich habe sie „Kleider. Leute. Machen.“ genannt. Arbeitskleidung vereint unterschiedliche Funktionen: Schuhe mit Stahlkappen oder Warn-westen tragen zur Sicherheit bei, Krawatten in Unternehmensfarben oder Hemden mit eingesticktem Firmenlogo wollen das Gemeinschaftsgefühl fördern. Arbeitskleidung kann durch Vorschriften definiert oder auch informell sein, wie etwa der weiße Arztkittel oder dunkel gehaltene Anzüge von Unternehmensberatern. Obwohl nicht explizit vorgeschrieben, entwickelte sich in vielen Branchen eine unausgesprochene Kleidungsnorm, die stark uniform wirken kann. Wie durch ein Brennglas zeigen sich in der beruflichen Montur das Selbstverständnis der Mitarbeiter und die Kultur eines Unternehmens. Zudem spiegelt Arbeitskleidung das Selbstbewußtsein der Mitarbeiter, den Stolz auf ihr Tun und die Identifikation mit ihrem Unternehmen wider.

Die Fotografie ist das ideale Medium um diese Nuancen sichtbar zu machen, denn eine Fotografie „friert“ einen  Augenblick ein. Die großen Abzüge laden dann dazu ein, den Porträtierten genauer zu betrachten. So werden Details und Zusammenhänge sichtbar, die sonst übersehen worden wären.

Vorgehen

Die Bilder der Reihe „Kleider. Leute. Machen.“ sind alle in den Unternehmen vor Ort entstanden. In einem Fall bin ich sogar fast 1.200m unter die Erde gefahren um Bergleute zu porträtieren. Alle Porträts wurden mit meiner analogen 4×5 inch Plaubel Großformat-kamera und meiner 6×6 cm Rolleiflex fotografiert. Aufgrund der Lichtverhältnisse vor Ort habe ich häufig mit einer Blitzanlage gearbeitet. Beleuchtung und geringe Schärfentiefe lösen den Porträtierten vom Hintergrund, lassen aber die charakterisierende Umgebung des Arbeitsplatzes noch erkennen.

Die Negative wurden eingescannt und die Abzüge anschließend auf großformatigen Alu-Dibond Platten digital gedruckt. Auf Retuschen oder Montagen habe ich bewusst verzichtet.

Die meisten Menschen, die ich porträtiert habe, habe ich vorher nicht gesehen. Es gab kein „Casting“. In der Regel wußte ich weder, wen ich fotografiere würde noch wo. Ich mußte immer kurzfristig entscheiden – sehen, was möglich ist und was nicht. Das ist für einen Fotografen nicht immer eine angenehme Situation aber ich habe die Erfahrung gemacht, daß wenn man sich darauf einläßt und auf Überraschungen flexibel reagiert, man oft mehr erreichen kann, als wenn man alles von Beginn hätte planen können.

Für mich ist Fotografie eine Mischung aus Handwerk, Kunst und Psychologie. Wesentlich ist es, in meinen Augen, eine Beziehung aufzubauen, eine Meinung zu entwickeln. Don McCullin, ein englischer Kriegsberichterstatter hat gesagt: Photography for me is not looking, it’s feeling. If you can’t feel what you’re looking at, then you’re never going to get others to feel anything when they look at your pictures.“ Damit stimme ich vollkommen überein.

Motivation

Ich empfinde es als ein Privileg, daß ich als Fotograf in unterschiedlichste Lebenswelten einen Einblick erhalte.  Porträtfotografie ist für mich immer ein Dialog. Mit jedem meiner Bilder versuche ich die Menschen, die ich fotografiere, zu charakterisieren und eine Geschichte zu erzählen. Deshalb fotografiere ich auch vor Ort mit einem sichtbaren Hintergrund. Der einzelne Mensch steht bei mir im Mittelpunkt und für mich hat jeder eine Geschichte und verdient, es im Mittelpunkt zu stehen. Auch deshalb habe ich mich entschieden, die Bilder so groß zu vergrößern. Denn so will ich ganz normalen Menschen ein nicht alltägliches Maß an Raum und respektvoller Anerkennung geben.

Ausstellung

Die Fotografien sind nach der Ausstellung im Haus am Dom in Frankfurt vom 27. August bis zum 27. September 2013 in Gateway Gardens, am Frankfurter Flughafen zu sehen. Der Besuch der Ausstellung ist jederzeit möglich und kostenlos. Der Eingang in den Park befindet sich in der Amelia-Mary-Earhart-Straße in Gateway Gardens.

Volker Muth – Ein Bild von einem Unternehmen www.volkermuth.net

Presseecho zur Ausstellung:

FAZ 03.08.2013 RdIk Ausstellung Frankfurter Rundschau 02.08.13 RdIk Ausstellung

Beruf(ung) – Volker Michels

Volker Michels ist ein Büchermensch – das wird jedem, der sehen kann, sofort bewußt, wenn er die Wohnung im ersten Stock in der Offenbacher Innenstadt betritt. Bis unter die Decke reichen die vollen Bücherregale, jeder Fleck der Wohnung ist belegt. Es herrscht eine angenehme und entspannte Atmosphäre, von der Straße dringt kein Lärm hinauf, die Außenwelt verliert an Bedeutung. Unwillkürlich möchte man ein Buch in die Hand nehmen und zu lesen beginnen.

Volker Michels ist Lektor und Herausgeber. Sein Hauptaugenmerkt liegt auf dem literarischen, brieflichen und bildnerischen Nachlaß von Hermann Hesse. In Zusammenarbeit mit Hermann Hesses Sohn Heiner hat er ein von Forschern aus aller Welt benutztes Hermann Hesse-Editionsarchiv aufgebaut. In langen Ordnerreihen liegen Erstausgaben, Manuskripte, Rezensionen, Hesse-Übersetzungen, Sekundärliteratur, Widmungen, Fotos, aber auch Aquarelle von Hermann Hesse. Alles ist nach einem eigenen System geordnet. Es ist die Grundlage der täglichen Arbeit von Herrn Michels.

Alles begann mit einem Brief, den der Internatsschüler Michels an den Nobelpreisträger Hesse schrieb. Der Schulroman „Unter dem Rad“ hatte ihn tief beeindruckt, seine eigenen Erfahrungen im Internat fand er dort wieder. Also schrieb er einen Brief – und erhielt eine Antwort. Daraus entwickelte sich ein Briefverkehr, der bis zum Tod von Hesse 1962 anhielt.  1969 holte ihn Siegfried Unseld, der Verleger des Suhrkamp- und Insel Verlags, als Lektor für deutsche Literatur. Dort arbeitete er fast 40 Jahre. Die Bibliographie der von Volker Michels herausgegeben Bücher umfaßt annähernd 150 Titel. Es sind dies Werke von Autoren des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart.

Die Stimmung in diesem Bücherparadies ist ruhig und konzentriert. Man scheut hektische Bewegungen, Lautes. Vielleicht braucht man gerade diese Art von Ruhe, wenn man an Herkulesaufgaben arbeitet. Vor diesen hat Volker Michels keine Angst – 2007 schloss er die erste, 21 Bände umfassende Hesse-Gesamtausgabe ab. Sie umfaßt etwa das Doppelte dessen, was Hesse zu Lebzeiten in Buchform vorgelegt hat. Seit 2008 arbeitet Michels nun an einer auf zehn Bände angelegten Ausgabe von Hermann Hesses Briefen, die als Ergänzung der „Sämtlichen Werke“ konzipiert ist. Der erste Band ist im vergangenen Jahr erschienen. Die Suche nach Briefen von Hermann Hesse erfordert dabei manchmal einen detektivischen Spürsinn, den man bei einem Büchermenschen nicht vermuten würde.

Volker Michels ist aber nicht der Hohepriester eines Hesse-Kultes und sein Archiv hat nicht den Zweck der „Anbetung“ des Idols Hermann Hesse. Ganz im Gegenteil, Volker Michels versuchte mich nicht von der Einzigartigkeit Hesses zu überzeugen, sondern seine Arbeit mit dem Autor und Mensch Hesse hat eine Natürlichkeit und Unaufgeregtheit, die man auch finden kann, wenn man sich das Porträt von Hermann Hesse ansieht, das am Schreibtisch von Volker Michels an der Wand hängt. Es zeigt einen bescheiden auftretenden älteren Mann, der ganz bei sich ist – abgeklärt aber nicht resigniert. Möglicherweise ist genau dieser „Mangel“ an Selbstinszenierung dafür verantwortlich, daß Hesse vom Leser geliebt wird aber nicht unbedingt von der Literarturkritik. Michels sagt dazu: „Hesse spricht Probleme direkt an. Sie sind nicht verschlüsselt und müssen nicht erst gedeutet werden. Dadurch ist er bei Literaturwissenschaftlern, die ja lieber ihre eigenen Interpretationen hören wollen, nicht unbedingt beliebt.“ Hesse ermutigte seine Leser, auf eigenen Beinen zu stehen und sich gegen jede Art von Bevormundung seitens politischer oder religiöser Gemeinschaften mit festen dogmatischen Regeln zu wehren: „Leben Sie nach dem Drang ihres Herzens!“ Auch weigerte er sich, allgemeingültige Rezepte und Leitlinien zu geben und machte dagegen Mut zur Selbsthilfe: „Nicht fremde Autoritäten, sondern nur wir selbst können unsere Probleme lösen; nur der Einzelne ist erziehbar und verbesserungsfähig.“ Dafür verteidigt der sonst so ruhige Volker Michels auch mit Verve Hesse gegen die Abneigung eines Marcel Reich-Ranicki.

Volker Muth – Ein Bild von einem Unternehmen www.volkermuth.net

Links:

http://faustkultur.de/autoren-kuenstler/volker-michels.html

http://faustkultur.de/kategorie/literatur/volker-michels-zur-rezeption-hermann-hesses.html

http://www.hermann-hesse.de

Beruf(ung) – Dr. Günter Paul

Für mein Porträtprojekt „Beruf(ung)“ porträtiere ich Menschen, von denen ich den Eindruck gewonnen habe, daß sie Ihre Berufung gefunden haben. Mein Ziel ist es, später ein Mosaik zusammengestellt aus unterschiedlichen Menschen zeigen zu können. Ein Mosaik, das nur dadurch zusammengehalten wird, daß alle Porträtierten für sich ihre Berufung im Leben gefunden haben. Als ich vor Jahren den Frankfurter Maßschneider Bernd Vögler kennenlernte, traf ich zum ersten Mal jemanden, bei dem mir die „Berufung“ klar entgegengetreten ist. Dies war der Auslöser für das Porträtprojekt „Beruf(ung)“.

Dr. Günter Paul ist Präsident des Staatsgerichtshofes des Landes Hessen und Rechtsanwalt – und dies aus Berufung. Für ihn steht nicht die pure Anwendung der Rechtsvorschriften im Vordergrund, sondern der Ausgleich zwischen Menschen. Er habe schon einigen „Streithähnen“ geraten, nicht vor Gericht zu gehen, sondern bei einem Kaffee miteinander zu reden. Daß es ihm um Menschen geht, diesen Eindruck kann man in einem Gespräch mit ihm leicht gewinnen. Er ist ein aufmerksamer Zuhörer, der die Gabe besitzt, jedem das Gefühl zu geben ernst genommen zu werden. Dabei wartet er, im Gegensatz zu vielen anderen, nicht auf den geeigneten Augenblick, in dem er möglichst schnell seine eigene Geschichte anbringen kann, sondern er geht auf das ein, was sein Gegenüber sagt.

Aus der entstandenen Porträtserie hat Dr. Paul sich spontan entschlossen sein Bild auszuwählen, das ihn in der „Ahnengalerie“ im Staatsgerichtshof verewigen soll. Dies werde ich ihm auf Barytpapier, der klassischen Version des Fotopapiers, per Hand abziehen. Verglichen mit den heute gängigen, auf Kunststoff basierenden PE-Papieren, ist ein Abzug auf Baryt eine Klasse für sich.

Volker Muth – Ein Bild von einem Unternehmen www.volkermuth.net